Anton Schmiedehammer

Der Mai

Liebe Freunde hoher Literatur!
Franz Emanuel August Geibels spätromantisches Wanderlied

„Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus.
Da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus.
Wie die Wolken dort wandern am himmlischen Zelt,
so steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt.“,

dieses Lied inspirierte Anton Schmiedehammer zum Verfassen seines einzigartigen, unvergleichlich schönen Gedichtes „Der Mai“.
Während Geibel jubiliert, „Der Mai ist gekommen“, schaut Anton Schmiedehammer besonnen, nachdenklich zurück. Er beginnt sein Gedicht mit den Worten:
„Der April ist vergangen“.
Welch eine überraschende Formulierung in einem Gedicht über den Mai. Dieses Motiv des Vergehenden wird ein Grundprinzip seines Werkes, Anton Schmiedehammer greift es immer wieder auf. Und so lauten die ersten beiden Zeilen des Gedichtes:
„Der April ist vergangen, die Tulpen, die verblühen.“
Intensiver und eindringlicher kann man das Ende, das Hinscheiden des Monats April nicht beschreiben. Da verblühen die Tulpen. Für den Naturliebhaber ist das ein Anlass, nach unten zu schauen. Merken Sie den Unterschied zu Geibel, bei dem es heißt: „Die Bäume schlagen aus“. Da geht der Blick nach oben, aber bei Anton Schmiedehammer senkt sich der Blick des Betrachters zu Boden. Demütig, ja wehmütig betrachtet der Protagonist die verblühenden Tulpen.
Treibt es den Wanderer bei Geibel neugierig und tatendurstig hinaus in die weite, unbekannte Welt, so entscheidet sich die Gestalt bei Anton Schmiedehammer zum Bleiben.
„Der April ist vergangen, die Tulpen, die verblühen.
Da bleib ich bei Heidi, bei Heidi und den Kühen.“
Bodenständig, mit den heimischen Tieren verbunden, drängt es ihn nicht in die Ferne. Nein, er fühlt sich daheim bei der Heidi und bei den Kühen wohl aufgehoben und geborgen. Ein Bodenständiger, ein Heimatverbundener, dem es genügt, zu Hause, auf der Alm, auf der Wiese zu sitzen mit seiner Heidi. Warum sollte er fortgehen, wie die Wolken wandern, wenn er hier sorgenfrei und glücklich daheim die Natur genießen kann? Und so reimt Anton Schmiedehammer folgerichtig weiter:
„Der April ist vergangen, die Tulpen, die verblühen.
Da bleib ich bei Heidi, bei Heidi und den Kühen.
Die Bienen, sie sitzen auf Dotterblumen, die verwelken.“
Selbst die Bienen bewegen sich nicht, sie fliegen nicht weg, bewusst lässt der Dichter sie still und ruhig auf Dotterblumen sitzen. Ein bezauberndes, liebreizendes Bild bescheidener Anspruchslosigkeit. „Dotterblumen, die verwelken.“ Der aufmerksame Leser fühlt sich mitten hinein gesetzt in die sich wandelnde, den April verabschiedende Natur.
Dem Wanderer bei Geibel stand „der Sinn in die weite, weite Welt“. Doch Anton Schmiedehammer weiß, für seinen Daheimbleibenden sind Tradition und Familiensinn Gründe, nicht wie die Wolken in die weite Welt zu wandern. Und deshalb endet sein Gedicht auch folgerichtig mit ganz anderen Worten:
(vorsingen) „Der April ist vergangen,
die Tulpen, die verblühen.
Da bleib ich bei Heidi,
bei Heidi und den Kühen.
Die Bienen, sie sitzen
auf Dotterblumen, die verwelken.
da steht auch mir der Sinn danach,
die Kühe zu melken.“